Chipsuche

Männer und Frauen sind unterschiedlich! Nichts Neues. Wissen wir schon lange. Darüber habe ich ja auch schon oft geschrieben. Doch in dieser Woche bin ich wieder in mehreren Situationen damit konfrontiert worden, dass die unvermeidliche Frage aufkam:

Haben Männer eigentlich keinen Sensibilitätschip?

Der Winter kommt und die Reifen müssen gewechselt werden. Nichts Neues. Kennt man auch. Zwei mal im Jahr. Komischerweise spricht mich kein Mensch drauf an. Als ich sie wechseln will, muss ich bei meinem Opa vorbei fahren und die dort gelagerten Reifen abholen. Mein Opa, noch ganz Mann und Gentlemen, hilft mir natürlich beim Einladen. „Lass Opa, ich mach das schon!“ Opa ist schließlich nicht mehr der jüngste. Ich will ja nicht schuld an einem neuen Rheuma-Anfall sein. Dann allerdings macht mein Opa einen folgenschweren Fehler, denn er sagt: „Ja, so wie du gebaut bist, schaffst du das auch alleine!“. Bitte???? Ich bleibe wie angewurzelt stehen, nur mein Respekt vor dem Alter und das kommende Weihnachtsgeschenk halten mich davon ab, etwas zu erwidern. Bitte, soll er doch alleine die Reifen tragen!


Habe ich die Reifen gerade in der Werkstatt aufziehen lassen, meinte jeder, aber wirklich jeder: „Echt?! Das hast du machen lassen? Die hätte ich dir auch wechseln können!“ Klar, bestimmt. Schon beim Frühjahrswechsel war keiner zur Verfügung. Als sie schließlich bei schon über 30 Grad im Schatten und mitten im Hochsommer gewechselt wurden, musste ich mir von allen anhören, dass sie das doch auch hätten machen können! Ich habe ihnen angeboten, dafür meine Glühbirnen zu wechseln. Hatte aber keiner Zeit für. Also bitte! Danke! Gespräch beendet.

Der nächste Mann soll es besser machen. Beim Familientreffen stoße ich auch auf meinen Onkel. Ich frage ihn, ob er denn eigentlich schon in mein Buch rein gelesen hat, dass seine einzige Nichte immerhin selbst verfasst hat. Er lacht gutmütig und meint, er ist mal drüber geflogen. „Und?“, frage ich hoffnungsvoll. All meine Freundinnen, die auch mal drüber geflogen sind, haben dann wenigstens sensibel und aufbauend gemeint: „Das ist nett! Das gefällt den Mädchen bestimmt!“, oder so ähnlich. Mein Onkel hingegen meint nur: „Ha ja! Ich bin ja nicht die Zielgruppe!“. Und das war ´s dann! Super. Danke. Es soll ihn ja nicht gleich vom Hocker hauen! Aber ein paar anerkennende Worte? Und mein männlicher Hund läuft mit Vorliebe - gar nicht! Gehen wir Gassi im englischen Garten und laufen weg von zu Hause, läuft er so schnell, dass ich nur noch einen dicken schwarzen Punkt weit vor mir hüpfen sehe. Wollen wir allerdings nach Hause, will eigentlich nur ich und er trödelt rum wie ein Kind das noch spielen will. Also muss ich ihn jedes Mal an die Leine nehmen, wobei er dann alle vier Pfoten in die Erde stemmt und gar nicht mehr läuft! Sensibilitätschip also nicht gefunden und anscheinend tatsächlich nicht vorhanden! Aber irgendwas muss es da doch geben?! Egochip vielleicht? Und da ich mich durch die netten Kommentare der Herren der Schöpfung gerade wie Bridget Jones fühle, kann auch ich etwas Aufmunterndes für mein angeschlagenes Ego gebrauchen. Also gehe ich zu meinem Opa, um die Sommerreifen wieder aus dem Auto tragen zu lassen und sage: „Opa, es ist enorm das du noch so schwer heben kannst. Du bist jetzt noch stärker als ich es je sein werde!“. Mein Opa, ganz stolz und mit breiter Brust trägt die Reifen hoch erhobenem Hauptes mit eiligen, jungen Schritten in die Garage und meint zu mir: „Naja, du bist ja auch nicht so kräftig gebaut!“ Hihi.. danke schön!

Meinen Freund aus Kindertagen jammere ich vor, dass es viel zu wenig Männer wie ihn gibt. Er kommentiert das ganze mit: „Ach komm. So schlimm kann´s doch gar nicht sein. Du siehst doch sehr gut aus, bist klug und selbstbewusst. Wahrscheinlich hast du nur zu hohe Ansprüche!“. Genau, das ist es. Ich sehe viel zu gut aus für all die Typen, die rumlaufen. (Dass das nicht stimmt, weiß ich selbst, spielt aber in diesem Fall und fürs Ego keine Rolle!). Und meinem Onkel lasse ich wissen, dass ich es auch ihm zu verdanken habe, dass ich schon ein Buch geschrieben habe, weil er mir mal eins geschenkt hat, dass mir so gut gefallen hat, dass es mich inspiriert hat, auch eines zu schreiben. Jetzt hat er quasi direkt Anteil an meinem Erfolg und freut sich ein Loch in den Bauch! Und lesen tut er es jetzt auch! Und meinen Freunden habe ich erzählt, dass die Werkstatt die Reifen überhaupt nicht richtig aufgezogen hat, der Luftdruck nicht gestimmt hat und wenn ich doch nur jemanden wüsste, der das besser kann. Sie haben sich alle freiwillig für das Frühjahr angemeldet! Und in meiner Jackentasche ist jetzt immer ein Wienerle!

Chip gefunden!!


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